Gülen Bewegung: Wandlung durch solide Chamäleon Taktik

Spätestens seit dem Putschversuch 2016 ist die Gülen-Bewegung auch in Deutschland ein heikles Thema.  Begriffe wie Integration, Bildung, Dialog, Demokratie und Toleranz schmücken die Bewegung und lässt sie nach außen hin wie eine liberale Gruppe erscheinen, die sich für ein

Miteinander stark macht. 

 

„Baut Schulen statt Moscheen“ ein Werbeslogan der Bewegung, der nun heute nicht mehr gilt. Denn Ercan Karakoyun, Sprecher der Bewegung schrieb in den sozialen Netzwerken: „Wir haben inzwischen mehr als 50 Kulturzentren gegründet. In den meisten wird auch das Freitagsgebet verrichtet.“ Das Praktizieren von Religion darf also aus dem Inneren heraustreten und in der deutschen Öffentlichkeit gesehen werden. 

 

Die Bewegung ist berühmt für den ständigen Kurswechsel, welcher vom Kapitän deklariert wird,  sowie für die schwammige Auslegung ihrer Haltung und ihrer Außenpräsenz. Ganz nach dem Prinzip: „Was draufsteht, muss auch drin sein“, werfen viele Wissenschaftler oder Politiker der Bewegung vor, keine authentische Transparenz vorzuleben. 

 

Ist die Kritik denn berechtigt? Es existieren doch seit einigen Jahren in Deutschland Stiftungen, wie u. a. die Stiftung Dialog und Bildung, die sich als Ansprechpartner für die Hizmet-Bewegung versteht. Unmittelbar nach dem Putschversuch in der Türkei ist ein Buch erschienen, das von einem wahren Insider, nämlich Herrn Karakoyun selbst geschrieben worden ist, um  jegliche Fragen rund um die Bewegung zu beantworten. Doch warum wird zu wenig über die Lichthäuser geschrieben und wieso gibt es keine wissenschaftliche Studie über diese bekannten Initiativen, ähnlich wie beim VIKZ (Verband der Islamischen Kulturzentren)? 

 

Noch viel weniger berichtet das Aufklärungsbuch der Bewegung über jene Kinder und Jugendliche, die - selbstverständlich - absolut freiwillig innerhalb der Bildungsarbeit in die Gesprächszirkel rekrutiert werden und über einseitige Inhalte sprechen, von denen selbst ihre eigenen Eltern in den meisten Fällen gar nichts ahnen.  Alles nur Zufall? 

 

Wenn man die Bewegung näher betrachtet, hat sie gerade in Deutschland etwas geschafft, wovon andere türkischstämmige Ideologien nur träumen können. 

 

Etablierte Schulen, eine Reihe von Bildungs- und Kultureinrichtungen, renommierte Wissenschaftler als Fürsprecher und ein direkter Durchgang von „Elitetürken“ in die deutsche Gesellschaft. Schaut man sich aktuell den Ex-Partner der Bewegung an, die DITIB, als mitgliedsstärkste Migrantenorganisation der Bundesrepublik Deutschland, fällt doch ganz schnell auf, wo der feine Unterschied dieser beiden ehemaligen Kollegen liegt. Die Gülen-Bewegung hat nach außen hin keinerlei Probleme mit jedem an einem Tisch zu sitzen und in den Dialog zu treten. Genau das macht die große Besonderheit für die Gesellschaft aus, denn in einer Demokratie müssen alle Menschen miteinander auskommen; das hat die Bewegung schon ganz früh erkannt und sich zunutze gemacht.

 

Selbstverständlich stellen Verbände wie die DITIB dann bei Betrachtung jener Unterschiede ein Integrationshindernis für viele Politiker und Experten da. Hier muss die DITIB ein klares Zeichen setzen, sich neu positionieren und endlich interaktiv in die Gesellschaft hineintreten. Der Rücktritt engagierter junger Menschen, die sich im Bundesjugendvorstand der DITIB eingebracht haben, sollte hierbei als kritische Reflexion ausreichen. 

 

Taktisch gesehen, ist die Hizmet-Bewegung im ständigen Wandel. Auch in Deutschland macht sie eine enorme Entwicklung nach vorne, selbst nach dem Putschversuch. Doch warum ist das in sich gekehrte System so erfolgreich? Zum einen ist die Außenfassade für die Dialogbereitschaft ein entscheidender Faktor. Hinzu kommen die Fleißigen, oft gut ausgebildeten Mitglieder, die sich hingebungsvoll für die Ideologie engagieren. Das alles wird von einem exzellent entwickelten System gesteuert, welches hierarchisch so strukturiert wurde, dass jeder seinen Platz innerhalb der Bewegung besitzt. 

 

Ohne politischen Einfluss wäre eine Ausbreitung eines solchen Netzwerks kaum möglich gewesen. Als die Zusammenarbeit mit der AKP-Regierung noch harmonierte, stand die Bewegung finanziell und wirtschaftlich unter der persönlichen Schutzwache der türkischen Regierung. Die Kombination aus Religion und Politik war für viele Geschäftsleute ein wahrer Hingucker. Und wenn Kinder dadurch noch bessere Bildungsmöglichkeiten erhalten, dann sind doch alle zufrieden. Die Schulen Gülens gehörten auch nicht um sonst zu den Besten der Türkei. Alles nur Zufall? 

 

Die türkische Community als Hauptzielgruppe sah zu dieser Elite auf. Mit dem Bruch der AKP-Regierung stürzte das gemeinsam aufgebaute Imperium ein und die Auswirkungen werden in Deutschland offen ausgetragen. 

 

Deshalb ist die ständige „Antitürkei“ Haltung und die subjektiven Berichtserstattungen von Karakoyun und anderen Mitgliedern kaum verständlich. Die Türkei wird ausschließlich negativ dargestellt, ohne dabei zu beachten, dass gerade junge Menschen in Deutschland, die zwischen zwei Kulturen aufgewachsen sind, sich mit beiden Kulturen identifizieren. Für viele ist die Türkei und auch Deutschland ein Stück Heimat. Der Missbrauch für einen öffentlichen Raum, den man dadurch erhält, ist extrem kontraproduktiv. Die Spaltung, die die Anhänger selbst zu spüren bekommen, übertragen sie auf hier lebende Kinder und Jugendliche, die immer mehr in ein Identitätskonflikt geraten. Das Leben ist kein Wunschkonzert: jahrelang verfolgten beide Giganten das Konzept „Religion und Türkeipolitik“ und hatten klare Ziele vor Augen. Das Versagen dieses Systems wird auf unschuldigen Schultern ausgetragen.

 

Menschen, die in Deutschland leben, sollten nicht abhängig von der Außenpolitik sein. Die Bewegung hat sich abhängig gemacht und nimmt dabei die Opferrolle ein, ohne dabei zu bemerken, dass in Deutschland keiner die Opfermaske tragen muss. Denn es gibt hier genug Möglichkeiten für ein stetiges Weiterkommen!    

 

Klar, die Mitglieder mussten sich der oberen Etage beugen und fröhlich dem Zusammenspiel zwischen den beiden Riesen Imperien zustimmen. Doch warum wird jetzt nur die türkische Regierung von den Anhängern kritisiert? Wieso kritisiert man nicht endlich die eigenen Reihen, schaut über den Tellerrand hinaus und hinterfragt, wer im Ursprung diese Zusammenarbeit bewusst zugelassen hat? Aber dann müsste man den eigenen Meister in Frage stellen und das ist in diesen Kontexten absolut verboten – sofort würde man sein Gesicht innerhalb der Bewegung verlieren, das will ja keiner. Den Fokus auf ein Feindbild setzen, das ist doch viel einfacher, wenn man gesehen und gehört werden will.

 

Die Wandlungen innerhalb der Bewegung, ob in inneren oder äußeren Strukturen sind auf ständiger Suche nach einem Echo. Ein Deckmantel soll nicht nur hübsch aussehen; er soll vom Kern, vom Wesentlichen ablenken. Die konservative Haltung gegenüber Frauen beispielsweise erhält seit einigen Jahren eine neue Farbe. Vor ca. zehn Jahren war kaum eine Frau im Vorstand aktiv, als Leiterin tätig oder in der Öffentlichkeit zu sehen. 

 

Und heute sollen Frauen in Führungspositionen, einzelne Vereine glänzen plötzlich mit ihrem „Frauen an die Macht“ Image und das Thema Gleichberechtigung steht ganz oben auf der Fahne. Wieder Zufall? 

 

Bildung als Deckmantel zur Integration, das ist kein neues Label in diesem Netzwerk. Vielleicht sollte man sich jetzt im Inneren und im Äußeren Handeln besser absprechen. Die Flüchtlingswelle ist eine neue attraktive Zielgruppe für die Bewegung, auch das haben sie schnell verstanden.

Welche Taktik hierbei im Vordergrund steht, ist wohl innerhalb dieser Wandlungen kein Geheimnis mehr. Ja, jetzt versucht man sich unabhängig zu machen und die Farben Schwarz, Rot und Gold sind nun endlich angekommen.